Energieverluste kommen auf leisen Sohlen – und sind oft leicht abzustellen
Rund vier Monate ist es her, dass die Energieberater Marco Höhn, Jörg Wicklein und Marcel Marx das Einfamilienhaus der Familie Wöhner im Ahorner Ortsteil Eicha erstmals kritisch unter die Lupe nahmen. Zum Auftakt des Projekts Energie-Monitoring Region Coburg wurden akribisch Räume und Fenster vermessen, Gebäudetechnik untersucht, Heizkörper identifiziert und bereits erste Strommessgeräte installiert. Inzwischen liegen bereits so viele Verbrauchsdaten vor, dass ein Zwischenfazit gezogen werden kann – und es hat die ein oder andere Überraschung zu bieten.
Aus den Augen, aus dem Sinn, lautet ein altes Sprichwort, dass auch das Problem der Wöhners mit dem hohen Stromverbrauch treffend beschreiben könnte. Wir erinnern uns: „Ich fand schon immer, dass wir zu viel Energie verbrauchen“, klagte Susanne Wöhner Anfang September im Gespräch mit den Spezialisten. Vor allem der hohe und permanent weiter steigende Stromverbrauch war und ist ihr ein Dorn im Auge. Zuletzt standen nach einem Jahr fast 8.000 Kilowattstunden (kWh) auf der Uhr.
Das Problem, so zeigen es die Messungen, sind vor allem die Grundlastverbraucher. Netzteile, Router, Ladegeräte und elektronische Geräte im Stand-By-Modus werden zwar in der Regel nicht als Verbraucher wahrgenommen, schlagen aber mit 1.500 Kilowattstunden Stromverbrauch zu Buche. Die Auswertung ergibt zudem, dass die hauptsächlich für Spiele genutzten Computer der drei Sprösslinge für rund ein Achtel des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich sind.
Zur Kostenreduzierung schlagen die Energieberater eine Änderung des Nutzerverhaltens vor. Was hier nach, gelinde gesagt, reichlich Konfliktpotenzial klingt, ist tatsächlich recht einfach und ohne Beschneidung von Lebensqualität zu ändern: Mit Schaltsteckdosen, Bewegungsmeldern, elektronischen Thermostaten und Smart-Home-Lösungen. Alle sind in vielen Varianten von zahlreichen Anbietern für jeden Geldbeutel verfügbar und sorgen dafür, dass Geräte vollständig vom Netz gehen, wenn sie nicht gebraucht werden.
Weil aber auch die Brauchwasser-Wärmepumpe mit rund 1.400 kWh Strombedarf jährlich zu den Großabnehmern im häuslichen Strombedarf zählt, haben die Energieberater noch eine weitere Lösung mit ungleich mehr Einsparpotenzial im Kopf: Die Eigenstromerzeugung vom Dach. Eine angemessene Photovoltaik-Anlage könnte laut Auswertung rund 8.500 kWh Strom im Jahr erzeugen und in Verbindung mit einem Stromspeicher rund 1.760 Euro Stromkosten einsparen. Jedes Jahr, und entsprechend mehr, wenn der Strompreis weiter steigt. Allerdings dauert es derzeit 12 bis 14 Jahre, bis sich die Investition rechnet.
Beim Heizenergieverbrauch steht das 1997 massiv errichtete Wohnhaus mit rund 200 Quadratmetern Wohnfläche in acht Zimmern gar nicht so schlecht da. Rund 2.950 Liter Heizöl sorgen das Jahr über für angenehme Raumwärme, mit 3.300 Litern liegt der rechnerische Bedarf sogar noch gut zehn Prozent darüber. Hier macht sich bemerkbar, dass 2018 eine neue Ölheizung mit Brennwerttechnik den alten Dauerbrenner ablöste und neue, voreinstellbare Thermostatventile die Temperatur in den Wohnräumen kontrollieren.
Trotzdem gibt es auch hier nach Einschätzung der Energieberater noch Möglichkeiten zur Optimierung. Einsparungen von fünf Prozent bringt demnach der hydraulische Heizungsabgleich, der im Kern aus einer Hocheffizienzpumpe und voreinstellbaren Heizkörperventilen besteht. Diese werden so justiert, dass jeder Heizkörper nur die erforderliche Wärmemenge erhält. Die Heizungspumpe wird auf den neuen, geringeren Bedarf eingestellt und die Heizkurve angepasst. Auch eine radikale Maßnahme zur Senkung der Heizkosten ist für die Energieberater langfristig plausibel: Die Umstellung auf Holzpellets mit solarer Heizungsunterstützung. Sie würde nicht nur die Abhängigkeit vom Heizöl beenden, sondern auch die Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid um 69 Prozent oder umgerechnet 3.840 Kilogramm jährlich reduzieren.